Mittwoch, 12. April 2017

Frühsozialisten 6: Andreas Dietsch

Andreas Dietsch - Der Auswanderer von Aarau

Dietsch ist am 13. Oktober 1807 in Mülhausen im Elsass geboren. Er verbrachte seine Jugend in Armut, höhere Schulen waren ihm deshalb verwehrt und er lernte das einfache Handwerk des Bürstenbinders. Über seine Jugend ist sonst wenig bekannt. Jedenfalls liess er sich am 4. Juni 1835 ein Wanderbuch in Mülhausen ausstellen und zog als Handwerksbursche los.

Porträt Dietschs von ChoLinska
 

Am 16. April 1835 erfolgte die Niederlassung in Aarau an der Pelzgasse 26. Schon per 13. Mai 1836 erhielt er die Bewilligung, die Tochter des Meisters, Susanna Magdelena, zu heiraten, was er am 31. Mai in der Stadtkirche tat. Ab dem 29. August besass er die Bewilligung, sich in Zofingen als selbständiger Bürstenmacher niederzulassen. Hier trifft er auf die Frühkommunisten Rudolf Suter-meister und Gustav Siegfried, die mit ihren Ideen zu seinen wichtigsten Einflüssen und Förderern werden.

Ab Mai 1838 ist er wieder in Aarau und führt an der Metzgergasse ein eigenes Geschäft. Er hatte zwar keinen Bürgerbrief, beherrschte aber die Sprache besser als mancher Einheimischer, so schrieb er in der Publikation Bachfischet Ende August 1841 das Bachfischetlied in seiner heutigen Form nieder. In der gleichen Schrift finden sich erste soziale Missstandsanprangerungen: D’Maschine, die hasplet d’Arbet und schrubet der Lohn so verfluecht abe, dass den Arbeitere der Otem fast usgoht; jo wenn das nit wär, die Herre würde bald ufhöre, Gutsche fahre, Rössli ryten und Bedienti halte.






1842 erscheint die frühsozialistische Utopie ‚Das tausendjährige Reich’ im Posthörnchen. In Form eines Traumes wird die Reise in ein perfekt funktionierendes Dorf aufgezeichnet, in welchem die Arbeit fröhlich aufgeteilt wird, die erwirtschafteten Güter gemeinsam und gerecht verwaltet werden, keine Standesunterschiede herrschen und auch alleinerziehende Mütter einen Platz in der Gesellschaft finden:


 
Hätten wir statt der Millionen Gesetze nur das einzige: Du sollst keine Habsucht im Herzen tragen! So wäre die Erde wieder im Paradies, und jedes Laster, das die Menschheit entehrt, wäre ab Erden verbannt. Denn Habsucht entzweit die meisten Familien. Habsucht führt den Räuber und Mörder aufs Blutgerüst, Habsucht ist die Mutter aller Ränke und Schikanen, Habsucht leitet die blutigen Kriege, kurz, sie ist die Wurzel alles Übels.
Werft einmal Euer Vorurteil, Euren Eigennutz von Euch, und ihr werdet alle, alle glücklich werden; wenn keiner mehr für sich allein in der Welt stünde, und keiner mehr für sich allein zu sorgen hätte, so liesse sich die ganze Erde, mit leichter Mühe in einen Blumengarten, in ein Elysium verwandeln.

1843 starb Dietschs Frau nach der Geburt eines Knaben, später im Jahr folgte ihr Gustav Siegfried ins Grab. In der Folge schrieb Dietsch Die Gründung von Neuhelvetia:
Schon im Frühjahr 1844 kam es wegen des durchschlagenden Erfolges des Wegweisers zur Auswanderung zur Gründung eines Vereins zur Auswanderung nach Amerika und im Juni 1844 begann die Reise nach Amerika mit dem Ziel New Helvetia und New Aarau zu gründen. Dietsch führte auf der Reise und während des Aufbaus der Kolonie Tagebuch, weshalb das Scheitern ausführlich beschrieben ist.
1845 Ende Januar stirbt Dietsch in Osage County, New Aarau bei Westphalia, St. Louis, aus ungeklärten Gründen. New Aarau wird nach dem Bau eineinhalber Häuser abrupt gestoppt. Ohne Leader verfällt die Gruppe und das Land wird später wieder verkauft.

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